Wenn die Natur hilft, ein widerstandsfähigeres Europa aufzubauen: Erfahrungen aus Südmähren finden in Aachen Anklang

Published: 24.10.2025 Reading time: 3 Minuten

Im Oktober wurde die deutsche Stadt Aachen zum europäischen Zentrum der Debatte über die Zukunft naturbasierter Lösungen (Nature-based Solutions, NBS). Beim LAND4CLIMATE Mid-term Forum, das am 6. Oktober 2025 von der RWTH Aachen University ausgerichtet wurde, kamen Dutzende Expertinnen und Experten, Wissenschaftler, Vertreter von Kommunen sowie europäische Projektpartner zusammen. Gemeinsam suchten sie nach Antworten auf die Frage, wie sich NBS aus Pilotprojekten in die Breite von Politik und Praxis überführen lassen – und die Partner des EUKI-ELCA-Projekts waren mit dabei.

Wenn die Natur hilft, ein widerstandsfähigeres Europa aufzubauen: Erfahrungen aus Südmähren finden in Aachen Anklang
© Foto: Tereza Ocetková, PIN

Die Atmosphäre war lebendig, interaktiv und von intensivem Austausch geprägt. Das Forum fand im Rahmen der NBS4EU Cluster Initiative statt, die sieben Projekte im Horizon-Europe-Programm miteinander verbindet. Die Eröffnungsrede hielt Professor Erik Andersson von der Universität Helsinki. Seiner Ansicht nach liegt der Schlüssel zum Erfolg in der Zusammenarbeit vieler Akteure – von Wissenschaft und Stadtplanung bis hin zu den Bürgerinnen und Bürgern.

„Erfolgreiche naturbasierte Lösungen beruhen auf Partnerschaften zwischen vielen Beteiligten. Doch uns fehlt noch immer die stärkere Einbindung des Privatsektors. NBS sind dort besonders wirkungsvoll, wo sie zu einem gemeinsamen Anliegen werden – nicht nur eine technische Maßnahme, sondern ein Raum gemeinsamer Werte.“

Er betonte, dass Europa in den vergangenen Jahren erheblich in städtische NBS investiert und sich damit als globaler Vorreiter positioniert habe. Gleichzeitig wies er auf bestehende blinde Flecken hin: Die meisten städtischen Projekte konzentrieren sich auf neue oder umgestaltete Flächen, während der Schutz und die Wiederherstellung bestehender Ökosysteme oft übersehen werden. Darüber hinaus gefährden technologische und institutionelle Lücken die langfristige Nachhaltigkeit und Skalierbarkeit vieler Vorhaben.

Von der Politik zur Praxis: Vier Themenblöcke

Nach der Plenarsitzung am Vormittag folgten vier parallele Themenforen, die zentrale Fragen der Umsetzung naturbasierter Lösungen behandelten:

  • Wirkungsnachweise und Skalierbarkeit von NBS – Wie lassen sich die Effekte naturbasierter Lösungen messen? In der Diskussion wurde deutlich, dass ohne hochwertige Daten und langfristiges Monitoring Entscheidungsträger nur schwer von ihren Vorteilen überzeugt werden können.
  • Räumliche Anforderungen von NBS – Welche Flächenbedarfe haben NBS? Wie lässt sich der Ausgleich zwischen Flächenschutz, Urbanisierung und Landwirtschaft gestalten?
  • Finanzierungsstrategien und politische Rahmenbedingungen – Wie können NBS finanziert und in politische Strategien eingebettet werden? Die Teilnehmenden waren sich einig, dass eine dauerhafte Finanzierung nur durch eine Kombination öffentlicher und privater Mittel möglich ist.
  • Herausforderungen bei der Umsetzung und Wege zu ihrer Überwindung – Was verhindert die breitere Anwendung von NBS in der Praxis? Die Hindernisse reichen von gesetzlichen Barrieren bis hin zu mangelnden lokalen Kapazitäten und fehlendem geteilten Wissen. 

Das abschließende Panel „From Projects to EU Cohesion Policy“ betonte, dass die EU-Kohäsions- und Strukturfonds naturbasierte Lösungen stärker berücksichtigen müssen – nur so können Pilotinitiativen zu systemischen Instrumenten der Regionalentwicklung werden.

Die tschechische Erfahrung: Wiederaufbau nach Tornado und Sturzfluten als Chance

Auch das tschechische Team des EUKI-ELCA-Projekts brachte seine Erfahrungen in die Diskussionen ein – unter anderem mit Einblicken aus Moravská Nová Ves, einer Gemeinde, die 2021 von einem verheerenden Tornado getroffen wurde. In Zusammenarbeit mit der Gemeindeverwaltung entwickelte die Organisation People in Need einen Klimaschutzplan, der naturbasierte Maßnahmen sowohl zur Wiederherstellung als auch zur Prävention zukünftiger Risiken nutzt – und dessen Umsetzung nun begonnen hat.

„Nach der Katastrophe wollten wir nicht einfach nur das Zerstörte wiederaufbauen – wir wollten etwas Widerstandsfähigeres schaffen“, sagte Jiří Fila, stellvertretender Bürgermeister von Moravská Nová Ves, der am Forum teilnahm. Das Projekt zeigt, dass die Verknüpfung von Biodiversität, Bürgerbeteiligung und Wirkungsbewertung naturbasierte Lösungen zu einer sozialen wie ökologischen Innovation macht.

Roman Klecker vom Hodonín-Büro von People in Need stellte in den Nachmittagsworkshops konkrete NBS-Maßnahmen zur Hochwasserprävention in Dolní Bojanovice vor und sprach über die Herausforderungen bei ihrer Umsetzung. Das Thema stieß bei den anwesenden Wissenschaftlerinnen und Forschern auf großes Interesse und führte zu angeregten Diskussionen sowie gemeinsamen Überlegungen zu neuen Lösungsansätzen. 

Die Konferenz in Aachen machte deutlich, dass naturbasierte Lösungen keine vorübergehende Modeerscheinung, sondern ein zentraler Pfeiler der Klimaanpassung sind. Sie verbinden Wissenschaft, Innovation und die menschliche Dimension – und zeigen, dass die Zukunft europäischer Städte und Regionen mit der Natur gebaut werden kann, nicht gegen sie.

Author: Tereza Ocetková, Communication Coordinator, PIN

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